Abstract
Die Offene Kinder- und Jugendarbeit (OKJA) befand sich schon immer im Spannungsfeld zwischen den Interessen von Staat, Land, Kommune und den Lebenswelten und Milieus der Jugendlichen. Lothar Böhnisch zeigt hier auf, wie sich die sozialintegrative Funktion der OKJA in ihrer Geschichte von der staatlich-institutionellen zunehmend auf die sozialisatorisch-lebensweltliche Dimension verlagert hat. Das Brüchigwerden sozialstaatlicher Integration, das Schwinden der Verlässlichkeit einer Jugendphase und die zunehmende Individualisierung ehemals dem Erwachsenenalter zugerechneter biografischer Inhalte lässt das ambivalente und spannungsreiche Sozialisationsmuster zwischen „Offenheit und Halt“ hervortreten: einerseits offen, flexibel und bereit für (Neu-)Orientierung und Umbrüche zu sein und andererseits benötigt es Halt und Geborgenheit, um Selbstwert und soziale Orientierung erlangen zu können – gerade in der Entwicklungsphase Jugend. Sozialintegration mit subjektivem und milieubezogenen Sinngehalt muss nicht Systemintegration oder gesellschaftlicher Integration entsprechen, sie wird in diesem Zusammenhang nicht als gesellschaftliche Eingliederung, sondern prozesshaft aus der Sozialisations- und Bewältigungsperspektive in Bezug auf das entsprechende Milieu betrachtet.
Aufgrund der Erosion des Sozialstaats, der Entgrenzung der Jugendphase, dem Einbrechen der Arbeitsgesellschaft ins jugendliche Alter, der damit einhergehenden ökonomischen Funktionalisierung, Leistungs- und Mithaltedruck befürchtet Lothar Böhnisch die Gefahr der wiederkehrenden Zunahme des Kontroll- und Befriedungsauftrages an die Jugendarbeit, eine Vernachlässigung der Entwicklungsdimension des Jugendalters und die vermehrte Zuwendung Jugendlicher hin zu regressiven Milieus. Umso wichtiger wird die pädagogische Instanz Offene Kinder- und Jugendarbeit, denn sie ermöglicht Anerkennungs- und Beteiligungskontexte in demokratischen Milieubezügen. Dabei werden kommunale Unterstützungsnetzwerke wider der Vereinnahmung durch fremdgesetzte Zwecke bedeutender für die professionelle Jugendarbeit. Als Fazit kann gelten: „Eine offene, schützende wie aktivierende Milieubildung im Kontext der Offenen Kinder- und Jugendarbeit gewinnt angesichts dieser Entwicklungen an Bedeutung für die zukünftige gesellschaftliche Integration.“ (S.9)
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